Das liebe Trinkgeld…

ich gehöre zu den Menschen, die gerne mal Trinkgeld geben, wenn…… ich einen guten Service erlebt habe. Ich gebe Trinkgeld beim Friseur, wenn ich denke, daß meine Friseurin wieder mal ein gutes Werk an mir geleistet hat (ist aber eigentlich immer so), ich gebe Trinkgeld, wenn ich im Restaurant oder im Biergarten einen guten Service hatte (freundliche und aufmerksame Bedienung, Ober etc).

Ich habe es aber auch schon fertig gebracht, kein Trinkgeld bzw. genau den Betrag, welcher mit die Bedienung genannt hat, hinzulegen. Centgenau!
Wir waren vor Jahren mal (zwei Freundinnen und ich) im Brenners in München und wir hatten so einen unfreundlichen, unaufmerksamen und unwilligen Ober. Selbst auf das wildeste Winken von uns dreien ignorierte er uns und bediente einen Tisch nach dem anderen – neben uns. Irgendwann hat er sich dann erbarmt und kam zu uns, da hatten wir aber keine Lust mehr und wollten nur noch die Rechnung. Normalerweise hätte dann eine von uns gezahlt und wir hätten das durch drei geteilt und jeder hätte der zahlenden dann den Betrag gegeben oder überwiesen.
Wir haben uns das exakt ausrechnen lassen und alle drei haben dann genau den Betrag, den es ausgemacht hat, gezahlt – meiner war 47,70 Euro. Normalerweise hätte ich mindestens auf 50 aufgerundet, wahrscheinlich 52, oder 53 Euro – man rechnet ja so ca. 15 % bei gutem Service.
Bei meinen 47,70 Euro Rechnung und keiner Bemerkung meinerseits zur Aufrundung schaute er. bei meinen beiden Freundinnen, die ebenfalls so handelten, runzelte er dann die Stirn und fragt dann aber auch wirklich noch „Waren Sie mit dem Service nicht zufrieden oder habe ich irgendetwas falsch gemacht?“ Wir im Chor „ja“ und dann haben wir ihm erklärt, wie Service geht – jedenfalls nicht so, wie er das getan hat. Ich glaube, das war eine gute Lehrstunde für ihn…

Ich gebe aber das Trinkgeld in der Höhe, die ICH angemessen finde. Wie schon gesagt, bei gutem Service mal 15 %, bei normalem Service gebe ich ungefähr 10% oder ich runde gut auf. Die Amerikaner spinnen ja jetzt total. Ich habe heute folgendes Beispiel gelesen:

Da ist eine Kundin und kauft sich ein belegtes Baguette in einem Laden, die Verkäuferin an der Kasse dreht nach dem Scannen den Bildschirm zur Kundin und dort ist zu lesen: „Wieviel Trinkgeld darf es sein?15 oder 18 oder 20%?“ Hääää? Im Supermarkt an der Kasse? Ein abgepacktes Baguette? In einem Supermarkt, in dem sich der Service auf das bloße Kassieren beschränkt?

Beim Friseur wird an der Kasse nach Trinkgeld gefragt – ebenso in der Eisdiele – sogar beim Masseur!. Die Amerikaner haben sogar schon das passende Wort dazu gefunden „tipflation“ – tip und Inflation.

Nun muss man wissen, daß ganz viele Bars und Kneipen und sogar Restaurants ihren Angestellten den absoluten Mindestlohn zahlen und der lag wohl bis vor kurzem bei ca 3 Dollar pro Stunde. Das ist wenig – sehr wenig. Aber ist des denn die Aufgabe des Kunden/Gastes das Gehalt des Angestellten zu zahlen anstatt der Arbeitgeber? Nein – ist es nicht. Ich zahle das, was ich konsumiert habe und für die Freundlichkeit und Aufmerksamkeit der Bedienung, aber nicht deren Stundenlohn! Dafür ist immer noch der Arbeitgeber verantwortlich, der am Abend sämtliche Gelder einsammelt.

Ich weiß, daß auch bei uns Friseure und Friseurinnen sehr wenig Gehalt bekommen (oft auch nur den Mindestlohn) und so auf Trinkgeld angewiesen sind. Aber hier erhalte ich eine entsprechende Dienstleistung, die auch oft mal länger als eine Stunde dauert. In einem self service Laden für ein Baguette oder egal – für meinen kompletten Einkauf Trinkgeld zu zahlen, wird mir niemals einfallen. Dann lasse ich an der Kasse eben alles liegen und stehen und gehe.

Stellt euch vor, ihr tätigt am Freitag euren Wochenendeinkauf bei Edeka und habt alles selbst zusammengesucht, steht an der Kasse und die Kassiererin fordert euch auf, entweder 15 oder 20% Trinkgeld zu zahlen. Neee – nicht mit mir – ich hoffe, diese amerikanische Welle schwappt nicht auch über den großen Teich zu uns…..

PS: Oft tun mir die Angestellten in der Küche leid, die bekommen niemals Trinkgeld, obwohl sie es eigentlich wirklich verdient hätten – es sei denn, alle Angestellten haben sich so abgesprochen, daß alle Trinkgelder in einen Topf kommen und der Betrag dann unter allen aufgeteilt wird. Das finde ich wirklich fair.

Veröffentlicht von Kerstins Reisefotos und mehr...

Reisefreudig, Fotografie-süchtig, fast immer gut gelaunt, Optimistin... Fotografie ist mein Leben - meine Leidenschaft - mein Yoga

5 Kommentare zu „Das liebe Trinkgeld…

  1. 100 % Zustimmung. Ich war oft genug Trinkgeldempfänger (z.B. beim jobben als Taxifahrer oder noch früher in „Kinderarbeit“) und hätte mich geschämt eine freiwillige Leistung einzufordern. Natürlich habe ich mich über einen Obulus gefreut und hatte das gute Gefühl, dass meine Leistungen in Ordnung waren. Heute mache es genau, wie von Dir beschrieben. Die Unsitte der Arbeitgeber, das Trinkgeld als Lohnersatz zu nominieren ist natürlich absolut sittenwidrig. In der heutigen Zeit kann sich dann aber der Benachteiligte bestimmt einen anderen Arbeitgeber aussuchen .

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    1. Ich finde es eine regelrechte Frechheit, Trinkgeld einzufordern! Das ist immer noch – zumindest hier in DE – eine freiwillige Gabe. In Amerika scheint es ja nun nicht mehr freiwillig zu sein. Wir du schon sagst, wo kommen wir denn hin, wenn wir nun auch die Angestellten in Restaurants und Bars bezahlen – bzw. deren Gehälter zahlen müssen…

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  2. Bei uns hier in Québec sind 15% Trinkgeld mehr oder weniger ein Muss, denn die Regierung geht davon aus, dass die Bedienungen/Kellner im Lokal das bekommen und sie werden entsprechend besteuert. Viele ziehen übrigens das Trinkgeld in bar vor und nicht auf die Rechnung drauf mit Kreditkarte.
    Im Supermarkt wird bei uns kein Trinkgeld verlangt. Allerdings habe ich z.B. bei der Eisdiele schon gesehen, dass sie dir den Automaten hinhalten und dass du evtl. Trinkgeld geben sollst. Da weigere ich mich aber sehr.
    Wo ich aber was gebe, das ist im Supermarkt und zwar an den jungen Burschen ( es sind nie Mädchen, nicht dass ich hier Probleme bekomme😉), der mir mein Zeug einpackt. Immer freundlich und mit einem Lächeln. Das sind Schüler, die da ihren ersten Job haben. Sie haben auch Mindestlohn (so um die 15$ rum) und ich glaube, dass sie zu kurz kommen, weil die Mehrheit mit Kredit/Bankkarte bezahlt.
    VG
    Christa

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    1. Liebe Christa – vielen Dank für deine Antwort – sehr interessant. Würden wir jemanden hier in DE haben, der uns die Einkäufe einpackt, würde ich auch ein Trinkgeld geben – Service eben.
      Und ich finde auch, das Trinkgeld besser in bar gegeben wird / da entfällt das lästige Abrechnen am Abend.
      Lg Kerstin

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  3. Ich weiß von einem Restaurant, wo der Besitzer auch der Kellner ist, dass Trinkgelder in einen Topf geworfen werden und damit auch die Küche ihren Anteil an der Honorierung der Gäste bekommen. Nicht nur Service gehört dazu, sondern auch, gerade in einem Restaurant, das Essen. Allerdings sind mir Prozente total egal. Wir haben vor kurzem mit dem Team etwas gegessen und weil wir kurz vor Schließung der Küche kamen, gab es alles günstiger. Da ergab sich eine winnwinn Situation. Mein Essen plus Getränk hätte 10,20€ gekostet. Die Rechnung betrug 8,70 €. Ich zahlte 10 und damit hatte die Bedienung was und habe weniger bezahlt, als angenommen.

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