




Sonntags-Rhabarberkuchen mit Steuseln
denkt jeder, du müsstest gut und gerne backen können/wollen. Ich bin Bäckers-/Konditorentochter und ich backe gerne, nicht regelmäßig und nicht aufwändig, zum Sonntags -oder auch Geburtstagskuchen reicht es. Ich habe es ja nicht gelernt bzw. keine Ausbildung als Bäckerin gemacht.
Ich kann mich noch gut erinnern, als ich als kleiner Knirps mit meinem Papa und Opa in der Backstube war – ich hatte einen kleinen Stuhl und Schemel und hab dann von Papa immer etwas Teig bekommen und den dann bearbeitet. Oft hab ich dann so viel Mehl unter den Teig gemischt, daß der dann ganz bröckelig wurde. Da bin ich dann zu meinem Papa und hab weinend gesagt: Papa, guck mal, der Teig ist kaputt :)))) Mit ein wenig Wasser wurde er dann wieder klebriger und ich konnte wieder weiter „backen“. War das schön.
Als ich dann etwas älter wurde, haben wir an meinem Geburtstag in der Backstube gefeiert. Ich habe meine Freundinnen eingeladen und wir haben einen Batzen Teig bekommen und durften dann backen, was wir wollten. War wieder schön.
Mein Papa stand 50 Jahre in der Backstube, erst als Lehrling in Marburg und Gießen, dann im elterlichen Betrieb, den er dann 1977 übernahm. Anfangs hatte das auch noch Spaß gemacht, mein Papa konnte sich etwas ausleben, es gab neue Brot- und Brötchensorten (unsere Schinkenbrötchen waren legendär, das Sonnenblumenkernbrot kannte man noch kaum, genau so wie die genialen Blätterteig-Käsestangen und der Christstollen meines Papas ist über die Stadtgrenze bekannt und heiß begehrt. Papa backt jetzt knapp 80-jährig immer noch viele Hundert Stollen in der Adventszeit.)
Super an kam der Partyservice – wenn Leute eine Party am Abend hatten, backte Papa die Brötchen kurz vor Beginn der Party – frischer kann man seine Backwaren nicht bekommen.
Unlustig wurde es, als Tankstellen begannen, am Sonntag frische Brötchen zu verkaufen – wir hatten mal die Idee, vor unserer Bäckerei ein paar gefüllte Benzinkanister zu verkaufen – haben wir natürlich nicht gemacht.
Dann zogen die Backshops in die Supermärkte ein- Eintagsbrei, was Semmeln und Brot betrifft – schmeckt überall gleich, weil überall die gleiche Mehlmischung verwendet wurde. Riesige Semmeln und Stückchen, die nur nach Luft und nix schmeckten. Und es wurde schnell klar – hier kannst du preislich nicht mithalten – wollten meine Eltern auch nicht. Mein Papa hat niemals eine Mehlmischung verbacken, da wurde der Teig jeden morgen frisch gemacht, die Zutaten abgewogen und beigemischt – es konnte schon mal passieren, daß das Brot nach zu wenig schmeckte, weil Papa sich verwogen hatte – natürlich hat der Kunde immer Ersatz bekommen und zur Entschädigung noch irgend etwas Nettes dazu. Wir waren ja froh, wenn man auf den Fehler aufmerksam gemacht wurde. 2007 gingen meine Eltern in Rente – die Bäckerei wurde aufgegeben – Gott sei Dank hat sich ein Pächter für den Laden gefunden und es ist – ja – wieder eine Bäckerei. Freut mich außerordentlich, wenn ich meine Eltern besuche, riecht es immer noch ein wenig wie früher – nach Bäckerei eben.
Weder ich noch meine Schwester wollten die Bäckerei übernehmen – es ist sooo ein undankbarer Job – die Arbeitszeit – nachts aufstehen – sehr früh am Wochenende – harte Arbeit, klar bist du am Mittag fertig, bringt bloß nichts, weil du deinen Feierabend alleine verbringst, denn alle anderen arbeiten ja noch. Am abend brauchst du nicht wegzugehen, solltest da ja schlafen gehen, wenn andere dann ihr Feierabendbier trinken…. Und am Wochenende biste völlig fertig.
Irgendwie tut es weh, wenn eine Traditionsbäckerei (3 Generationen) aufgegeben wird, aber man muß das machen, was man für richtig (für sich selbst) hält.
Nichtsdesto trotz habe ich sehr nette, schöne und liebevolle Erinnerungen als Bäckerskind – war eine tolle Zeit.
Hier noch etwas Nettes zum Rhabarberkuchen :)))
So ist das Leben als SELBST und STÄNDIGER. Wer meint das wäre leichter, weil man sich die Arbeit selbst einteilen kann, der irrt. Wann man zu arbeiten hat, bestimmen dann die Kunden.
LikeGefällt 1 Person